Die „Wieslocher Tafel“ will bedürftigen Menschen helfen

Aus der Rhein-Neckar-Zeitung, 07.12.2006:

Gründungsversammlung in der kommenden Woche – Bürgerstiftung gewährt Anschubfinanzierung – Initiatoren suchen Ladenfläche

Wiesloch. (oé) Sogenannte „Tafeln“ gibt es mittlerweile in vielen Städten Deutschlands. Diesen Einrichtungen liegt die Idee zugrunde, Lebensmittel einzusammeln, die nicht mehr offiziell gehandelt werden können, und sie gegen einen ganz geringen Obolus an bedürftige Menschen weiterzugeben. Bei den Produkten kann es sich um Lebensmittel handeln, deren Mindesthaltbarkeitsdatum kurz vor dem Ablauf steht, um Obst, das einen Schönheitsfehler hat, oder um Brot, das einen Tag alt ist. Allesamt sind die Lebensmittel aber noch einwandfrei und uneingeschränkt zum Verzehr geeignet. Auch in Wiesloch soll es nun bald eine solche Einrichtung geben.

„Bis spätestens Mitte nächsten Jahres soll die Wieslocher Tafel verwirklicht sein“, sagt Sonja Huth. Sie ist Mitglied des Initiativkreises, der das Tafel-Projekt realisieren will. Noch in der kommenden Woche wird sich der Initiativkreis in einer Gründungsversammlung als Verein konstituieren (Termin: 14. Dezember, 19.30 Uhr, Bürgersaal des Alten Rathauses). Um den Namen „Wieslocher Tafel“ führen zu können, tritt man außerdem dem Bundesverband Deutsche Tafel bei.

Schon vor zwei Jahren hatte es einen ersten Anlauf zur Gründung einer Tafel in Wiesloch gegeben. Damals fand eine Informationsveranstaltung statt, doch musste man die Idee „aus finanziellen Erwägungen wieder begraben“, erläuterte Sonja Huth. Dass es nun klappt, ist vor allem der im Juni gegründeten Bürgerstiftung Wiesloch zu verdanken. Sie übernimmt die Anschubfinanzierung für die Wieslocher Tafel.

Wie Rosemarie Stindl, Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung, mitteilte, hat dies eine „großzügige Einzelspende“ möglich gemacht. Sonja Huth habe das Tafel-Projekt der Bürgerstiftung vorgestellt, in einer Klausurtagung mit dem Stiftungsrat habe man dann über das Projekt diskutiert und es „einstimmig für förderwürdig gehalten“, so Rosemarie Stindl weiter. Die „Wieslocher Tafel“ ist das erste Projekt, das von der Bürgerstiftung gefördert wird.

Dank der Hilfe der Bürgerstiftung ist die „Wieslocher Tafel“ nun in der Lage, einen Laden anzumieten, der sich zur Weitergabe der Lebensmittel an die Bedürftigen eignet. „Für zwei Jahre können wir die Miete auf alle Fälle übernehmen“, so Rosemarie Stindl. Ziel ist es allerdings, dass sich die „Wieslocher Tafel“ auf Dauer selbst trägt. Dazu soll der Verkauf der Lebensmittel ebenso beitragen wie die Beiträge der Vereinsmitglieder sowie Spenden, welche die Tafel auch selbst einwirbt.

Der Verkaufsraum sollte 80 bis 100 Quadratmeter groß sein und eine zentrale, aber nicht zu exponierte Lage in Wieslochs Kernstadt haben, so der Wunsch der Organisatoren. Laut Marianne Kammer hat der Initiativkreis bereits Verhandlungen mit potenziellen Vermietern aufgenommen und auch schon einige Objekte besichtigt. „Mit dem Laden steht und fällt das Projekt“, betont Sonja Huth.Wie oft und lange der Laden geöffnet haben wird, hängt auch davon ab, wie viele ehrenamtlichen Mitstreiter der Initiativkreis gewinnen kann. An einer Öffnung „zwei- bis dreimal wöchentlich“ ist aber Sonja Huth zufolge schon gedacht.

Beim Initiativkreis geht man davon aus, dass die Arbeit der „Wieslocher Tafel“ ausschließlich durch Ehrenamtliche geleistet wird. Das gilt für das Einsammeln der Lebensmittel ebenso wie für deren Verkauf, die eventuelle Entsorgung und die Verwaltungsarbeit, so Karl-Heinz Schweizer vom Initiativkreis. Die Mitarbeiter der Tafel wollen auf die Geschäfte und die Zentralen der großen Handelsketten zugehen und um Unterstützung bitten. „In Wiesloch haben wir da ja ideale Voraussetzungen“, so Volker Scheerer vom Initiativkreis mit Blick auf die großen Zentrallager der Rewe – ein Unternehmen, das Scheerer zufolge in Deutschland bereits Tafeln unterstützt.

Abgegeben werden die Lebensmittel nur an wirklich bedürftige Menschen, die diese Bedürftigkeit auch nachweisen können. Dies werde auf eine „sehr diskrete“ Weise geschehen, betont Uli Engel. Die betreffenden Personen erhalten einen Ausweis, mit dem sie im Laden der „Wieslocher Tafel“ zu geringen Preisen einkaufen können. Bei vielen Tafeln sei dies die gängige Praxis, so Uli Engel. Keinen Zweifel haben die Initiatoren daran, dass es in Wiesloch Bedarf an einer solchen Einrichtung gibt: „Auch in einer Stadt wie Wiesloch gibt es Armut“, sagt Sonja Huth. „Sie ist vielleicht eher versteckt, aber sie ist trotzdem da.“

Info: Gründungsversammlung der „Wieslocher Tafel“ am Donnerstag, 14. Dezember, 19.30 Uhr, Bürgersaal, Altes Rathaus. Interessierte sind als Gründungsmitglieder herzlich willkommen.

Kontakt: Anke Merk, 0 62 22/38 09 27, E-Mail vambmerk(at)t-online.de; oder Sonja Huth, 0 62 22/48 38, E-Mail sonja.huth(at)gmx.net.

Infos zur Bürgerstiftung: www.buergerstiftung-wiesloch.de.

Der Initiativkreis „Wieslocher Tafel“ und die Bürgerstiftung haben das Projekt jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt. Für nächste Woche ist die offizielle Gründung geplant. Foto: Pfeifer

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