Nachhaltigkeit und Finanzpolitik – Vortrag von Professor Löhr

Prof. Löhr im Kulturhaus Wiesloch
Prof. Löhr im Kulturhaus Wiesloch
Haben Sie schon einmal versucht, ein Stück Käse in einen Getränkeautomaten zu stecken?

Wahrscheinlich nicht, denn Sie wissen ja, dass Sie dafür nichts zu trinken bekommen hätten. Käse ist eben kein allgemein akzeptiertes Tauschmittel in der Wirtschaft. So erklärte Professor Dr. Dirk Löhr, dass – entgegen vieler Theorien – Geld und Ware nicht äquivalent sind, vielmehr ist das Geld der Ware überlegen.

Professor Löhr hielt am vergangenen Wochenende auf Einladung der Bürgerstiftung Wiesloch im Rahmen des Themenschwerpunkts Nachhaltigkeit einen Vortrag über nachhaltiges Wirtschaften. Zweck des Wirtschaften ist die Bereitstellung von Konsumgütern wie Lebensmitteln, Kleidung usw. Um diesen Zweck zu erreichen, legt man Geld an oder spart und investiert es. In unserer Wirtschaft hat sich dieses Verhältnis umgekehrt: Der Konsum ist das Mittel, um Geld zu kreieren und Rendite zu erzielen. So muss die Wirtschaft wachsen, und sie wird – so Prof. Löhr – in die Katastrophe wachsen. Um nachhaltiges Wirtschaften zu erreichen, setzt man primär auf verbesserte Technik, weniger Input bei gleichem bzw. höheren Output, damit die Öko-Effizienz verbessert wird. Was man nicht bedenkt: trotz sinkender Emissionen in einzelnen Ländern steigen global gesehen die Emissionen immer weiter, weil die „energetische Schleifspur“, so Prof. Löhr, nicht reduziert werde. Der schmutzige Teil der Wertschöpfung werde nur in andere Länder oder Kontinente ausgelagert.

Prof. Löhr
Durch technische Innovationen könne laut Prof. Löhr das wirtschaftliche Wachstum also nicht ökologisch entschärft werden. Folglich brauche man einen „kulturellen Weg“ durch institutionelle Innovationen und eine Strategie zur Suffizienz und Entschleunigung. Sinn des Wirtschaftens sei konsumieren und nicht akkumulieren um des Akkumulierens willen. Wir dürften uns nicht Dagobert Duck zum Vorbild nehmen. Vielmehr müsste Geld rosten, d.h. es müsste an Wert verlieren, wenn es gehortet werde; wer es nicht durch Konsum oder Investitionen in den Geldkreislauf zurück bringe, dürfe nicht noch durch hohe Anlagezinsen belohnt werden.

Fazit von Prof. Löhr: Nachhaltigkeit sei wesentlich mehr als nur ein ingenieurwissenschaftliches Problem. Vielmehr sei ein Umdenken in der Finanzpolitik vordringlich, damit nicht mehr nur Rendite, Shareholder Value und übersteigerte Kapitalbildung im Vordergrund stünden.

Diskussion mit dem Publikum
Mit zahlreichen anschaulichen Beispielen gelang es Professor Löhr, seine vielen Zuhörer für das Thema zu sensibilisieren, was die lebhafte Diskussion im Anschluss an den Vortrag bestätigte.

Am folgenden Tag trafen sich 11 Zuhörer, darunter sogar je eine Person aus Ludwigshafen und Mannheim, um das Thema in einem Workshop mit Prof. Löhr zu vertiefen. In den von Rektor Müller freundlicherweise zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten in der Johann-Philipp-Bronner-Schule war es so spannend, dass die Teilnehmer am Ende gleich einen Termin für einen zweiten Workshop festlegten. Die Teilnahmegebühren gingen zur großen Freude der Organisatoren an die Bürgerstiftung.

Prof. Dr. Dirk Löhr ist zur Zeit Professor für ABWL an der Fachhochschule Trier und Steuerberater in einer Kanzlei. In seinem facettenreichen Berufsleben arbeitete er u.a. als Abteilungsleiter bei der Deutsche Bahn AG und im Aufsichtsrat der DB Dialog GmbH. Er ist Autor grundlegender Bücher über Zusammenhänge zwischen Geldsystem und umweltpolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen. Sein neuestes Buch dazu ist unter www.Die-Pluenderung-der-Erde.de zusammen gefasst.

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