Rhein-Neckar-Zeitung, 23.01.2008
Der Vorsitzende der Bürgerstiftung Wiesloch, Michael Sieber, freut sich über eine besondere Vereinbarung mit Firmen der Region
Wiesloch. (oé) Dem Vorsitzenden der Bürgerstiftung Wiesloch, Michael Sieber, war die Freude anzumerken. Er konnte jetzt von einer Vereinbarung berichten, für die ihm die Worte „Sensation“ und „kleines Wunder“ nicht zu hoch gegriffen schienen. Inhalt der Übereinkunft: In den nächsten drei Jahren erhält die Bürgerstiftung Wiesloch für jeden Euro, den sie von Bürgern als Spende oder Zustiftung in ihr Stiftungskapital erhält, einen weiteren Euro hinzu – und zwar bis zu einer Grenze von zusammen 100 000 Euro.
Darauf hat sich Michael Sieber zufolge „eine einstellige Zahl“ von hiesigen Unternehmen verpflichtet. Im Klartext heißt das: Alle privaten Gelder für die Bürgerstiftung werden in den kommenden drei Jahren von besagten Unternehmen verdoppelt. Im Idealfall kämen so 200 000 Euro in die Kassen der Bürgerstiftung Wiesloch, die damit auch ihr Stiftungskapital von derzeit rund rund 200 000 Euro auf 400 000 Euro verdoppeln könnte.
Das ist auch nötig, wie Michael Sieber betont. Denn das Stiftungskapital selbst muss unangetastet bleiben. Nur der Zinsertrag daraus darf (abgesehen von direkt dafür vorgesehenen Spenden) alljährlich für gute Zwecke ausgegeben werden. Und gerade angesichts des derzeit niedrigen Zinsniveaus ist schon ein gewisser Kapitalstock erforderlich, um Zinserlöse zu erzielen, mit denen sich auch etwas anfangen lässt. „Mit den Mitteln, die wir bis jetzt haben, können wir nicht alles in Angriff nehmen, was wir gerne wollten“, sagt Siebers Vorstandskollegin Rosemarie Stindl.
Gerade dieser „Nachhaltigkeitsgedanke“ (so der Stiftungsratsvorsitzende Lars Castellucci) hat die Unternehmen für die Bürgerstiftung Wiesloch eingenommen. Andere Gründe waren Michael Sieber zufolge die Ehrenamtlichkeit der Stiftung, deren durch das Gütesiegel des Bundesverbands belegte Seriosität und ihr Stiftungszweck. Der ist nach Siebers Worten vorrangig sozialer Natur. „Wir sind eine soziale Stiftung, die zum sozialen Frieden in der Stadt beitragen will“, erklärt er. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, das die Bürgerstiftung Wiesloch „bis jetzt ausschließlich Projekte im Sozialbereich gefördert“ hat, so Sieber.
Als wichtigstes Beispiel nennen er und Rosemarie Stindl die Anschubfinanzierung für die „Wieslocher Tafel“, in der bedürftige Menschen zu günstigen Preisen einkaufen können. Nun hilft die Stiftung auch bei der Anschaffung eines Kühlwagens für die Tafel, außerdem will man die neue Kleiderkammer des Kinderschutzbundes anfinanzieren helfen. Auch wenn es darum geht, in Einzelfällen Not zu lindern oder bedürftigen Kindern Klassenfahrten zu ermöglichen, ist die Bürgerstiftung zu Stelle. Nachhaltigkeit im Umweltbereich zählt zwar ebenso zu den Zielen, welche die Bürgerstiftung fördert, aber „nicht zuvörderst“,wie der Vorsitzende betont, um so einem gängigen „Vorurteil“ zu begegnen.
Gerade das soziale Engagement der Bürgerstiftung hat Sieber zufolge die Unternehmen beeindruckt. Mit ihnen hat der Stiftungs-Vorsitzende Vertraulichkeit vereinbart, zwei Namen aber dürfe er nennen, sagt Sieber: So beteiligt sich MLP mit einem „erheblichen Betrag“ an dem Projekt und auch Kissel und Wolf ist mit einem „nicht unbedeutenden Anteil“ mit von der Partie. Praktisch läuft das Projekt so, dass sich die Bürgerstiftung Wiesloch am Ende eines Jahres von ihrer Hausbank die eingegangenen Spenden und Zustiftungen (als Einzahlungen in das Stiftungskapital) bestätigen lässt und die Unternehmen den Betrag dann nach einem vorher vereinbarten Schlüssel aufstocken.
Michael Sieber ist sich sicher, dass sich die Türen der Unternehmen nicht so bereitwillig für die Bürgerstiftung Wiesloch geöffnet hätten, wenn sie in OB Franz Schaidhammer nicht einen so guten Fürsprecher gehabt hätte. Das Lob gab der OB aber postwendend zurück: Es handle sich hier um eine „Aktion der Bürger“ und gerade dies habe bei den Unternehmen geholfen. Diese „Aktion der Bürger“ soll nun neuen Schwung bekommen. Michael Sieber jedenfalls betrachtet es als „einmalige Chance“, dass jeder Bürger „seinen Einsatz verdoppeln“ kann, wenn er für die Bürgerstiftung Wiesloch spendet oder deren Stiftungskapital vermehrt. Dies sei ein besonderer Anreiz. Im Vorstand der Bürgerstiftung will man nun darüber nachdenken, wie die Menschen durch „Aktionen und Aktivitäten“ zum Spenden motiviert werden können und wie es gelingen kann, die Bürgerstiftung Wiesloch „im Bewusstsein der Bevölkerung präsent“ zu halten.