„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Unter diesem Motto fanden sich zum zweiten Mal obstbegeisterte Kinder mit ihren Großeltern bzw. Eltern in Schatthausen ein, um gemeinsam mit den Streuobstpädagogen Ronni Funk und Natascha Lepp einen aktionsreichen Tag auf „ihrer“ Streuobstwiese zu verbringen. Als Aufgaben standen diesmal auf dem Programm: Obstbäume nachpflanzen und Nisthilfen bauen.
Pflanzregeln für Anfänger
Was beim Pflanzen von Obstbäumen zu beachten ist, erfuhren die Kinder und ihre Begleitpersonen direkt auf der Wiese. So ein hochstämmiger Obstbaum braucht viel Platz, da er als ausgewachsener Baum oft mehrere Meter Kronenumfang hat. Entsprechend muss ein ausreichender Pflanzabstand zu bereits bestehenden Bäumen eingehalten werden.
Nachdem also die Kinder, die Großeltern und Eltern mit vollem Körpereinsatz die perfekte Lage für die Pflanzlöcher der beiden zu pflanzenden Obstbäume ermittelt hatten, ging es mit Spaten und Schaufel ans Werk, um die Pflanzlöcher auszuheben. Dies war ein ordentliches Stück Arbeit, denn die Löcher sollten doppelt so groß wie das Wurzelwerk des Pflanzguts sein.
Fachmännisch erklärten die Streuobstpädagogen dabei die essentiellen Schritte beim Pflanzen von Obstbäumen. So ist es nicht nur wichtig, die Wurzeln anzuschneiden, sondern auch den Obstbaum mit einem Stützpfahl zu stabilisieren. Dieser sollte im Idealfall bis unter die Baumkrone reichen – bei hochstämmigen Obstbäumen beginnt der Kronenansatz bei etwa 1,80 m. Anschließend wird der Baum in das Loch gesetzt und mit der ausgehobenen Erde bedeckt.
Die vorher abgestochene Grassode kann locker als Gießrand um den Baum verteilt werden. Im Anschluss erhielten die beiden Bäumchen dann noch Ihren Pflanzschnitt. Dieser ist wichtig, um das Anwachsen der Bäume zu fördern und einen ausreichenden Austrieb sicherzustellen. Die Kinder durften die Bäume dann ordentlich gießen.
Alte Sorten für das neue Projekt
Bei den beiden gepflanzten Bäumchen hatte man sich für zwei alte hochstämmige Obstsorten aus Baden-Württemberg entschieden: nun ergänzen eine „Große Rommelter“-Birne sowie ein „Öhringer Blutstreifling“-Apfel die Obstwiese. Die Birnensorte ist eine wertvolle Mostbirne und eine echte Lokalsorte – sie stammt aus Mauer und ist auch unter dem Namen „Heidelberger Champagnerbirne“ bekannt; der gepflanzte Apfel ist „Streuobstsorte des Jahres 2019“.
Solche alten Obstsorten gibt es in der Regel nicht im Supermarkt zu kaufen. Vielmehr sind die gepflanzten Sorten ein erhaltenswertes Kulturgut und als echte Lokalsorten optimal an die jeweiligen Bedingungen von Boden und Klima angepasst. Dadurch sind sie nicht nur robuster, sondern benötigen kaum Pflanzenschutzmittel. „Außerdem schmecken Sie einfach toll oder lassen sich zu leckeren Produkten verarbeiten“, erfuhren die Anwesenden von den Pädagogen.
Ohne die Förderung alter historischer Obstsorten sowie der Erhaltung der extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen ginge ein wichtiger Teil unserer bedeutsamen Kulturgeschichte verloren. Im Vergleich zu Intensivobstplantagen, die bis zu 4000 Bäume pro Hektar beherbergen, finden sich auf Streuobstwiesen meist nur 75 Bäume pro Hektar.
Sie sind wichtige Stellschraube zum Erhalt unserer Biodiversität: sie sichern nicht nur ein reichhaltiges Genreservoir alter, krankheitsresistenter Lokalsorten, sondern sie sind Heimat vieler seltener Tier- und Pflanzenarten.
Spiel und Spaß gehörte auch dazu
Neben der Pflanzaktion erkundeten die Kinder im freien Spiel die Wiesengrundstücke, begutachteten Baumrinden oder retteten Regenwürmer. Und auch der Baumschnitt der übrigen auf der Wiese vorhandenen Obstbäume wurde durch die erwachsenen Teilnehmer des Mehrgenerationenprojekts vorgenommen. Das beim Schnitt anfallende Reisig wurde aufgeschichtet und Zweige mit Fruchtknospen mitgenommen, um sie daheim zur Blüte zu bringen.
Für die gefiederten Freunde: Nistkastenbau
Nach dem stärkenden Vesper auf der Wiese ging es in die Schatthäuser Dorfscheuer, um sich dem der zweiten Tagesaufgabe, dem Bau von Nisthilfen, zu widmen. Die fertigen Bausätze hatten es in sich. So mussten noch einige Bohrlöcher vorbereitet, Schrauben gesetzt und Dachpappe angenagelt werden. Wie wichtig dabei die richtige Größe des Einflugloches ist, sowie die Größe und Beschaffenheit der Nisthilfe selbst, erklärten Natascha Lepp und Ronni Funk anschaulich.
So bevorzugen selbst die einzelnen Meisenarten verschiedene Einfluggrößen: die kleinen Blaumeisen schaffen es durch ein Einflugloch mit 28 mm Durchmesser, wohingegen die größere Kohlmeise mindestens 32 mm Durchmesser benötigt. Die Nisthilfen wurden von den Familien mit nach Hause genommen.
Dass eine Vogelfamilie in diesem Jahr noch einziehen wird, konnten die Obstpädagogen nicht versprechen, aber „spätestens im nächsten Jahr werden sie ganz bestimmt bezogen“.
Dieses Mehrgenerationenprojekt wurde von der Bürgerstiftung Wiesloch initiiert und wird unterstützt von: Heidehof Stiftung GmbH, Ehepaar Ziegler, Golfclub Wiesloch Hohenhardter Hof e.V.
Projektleiterin Edeltraut Schuckert wurde am zweiten Aktionstag von ihrer Vorstandskollegin Dr. Brigitta Martens-Aly vertreten.
(Text von Natascha Lepp)