Direkte Demokratie und soziale Nachhaltigkeit

Professor Hermann K. Heußner sprach beim 6. Vortrag der Bürgerstiftung Wiesloch zum Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit

Prof. Heussner im Wieslocher KulturhausNachhaltigkeit hat auch eine soziale Dimension. Wie diese aussehen kann, führte Prof. Hermann K. Heußner am 5. November auf Einladung der Bürgerstiftung Wiesloch im Kulturhaus aus.

Viele Bürger sind politikverdrossen und mit dem Funktionieren der Demokratie unzufrieden, wie die jüngsten Entwicklungen in Hamburg, Stuttgart, Heidelberg und auch Wiesloch zeigen. Sie spüren politische Ohnmacht und fühlen sich zunehmend einer kleinen Elite von Finanzakteuren, Wirtschaftsführern und Politikern ausgeliefert. Dies gefährdet den sozialen und politischen Zusammenhalt der Gesellschaft und stellt die Zukunft der Demokratie in Frage.

Direkte Demokratie wirkt diesem Erosionsprozess entgegen. Sie hilft, die Ohnmacht der Bürger zu überwinden, das Vertrauen in die Demokratie zu stärken und das zivil­gesellschaftliche Engagement zu fördern.

Wir leben in einer repräsentativen Demokratie, in der die Bürger nur alle 4 – 5 Jahre in Wahlen nur ganze Programmpakete wählen können, ein großer struktureller Mangel von Wahlen. So können die Bürger nicht wirklich die Inhalte der Politik bestimmen. Maßstab für Demokratie ist jedoch Selbstbestimmung des Volkes nach der Mehrheitsregel und maximierte Gleichheit und Freiheit der Bürger, was laut Prof. Heußner nur durch Direkte Demokratie erreicht werden könne. Sie kann „sowohl Bremse als auch Gaspedal“ für Parlamentsgesetze sein. Für Direkte Demokratie zu sein, so Prof. Heußner, heiße nicht, gegen die Parteien zu sein. Vielmehr solle Direkte Demokratie die Parteien beleben.

Die Nachhaltigkeitswirkungen der Direkten Demokratie zeigen sich deutlich in der Schweiz. Prof. Heußner zählte sie auf: Gesetzesinhalte lägen näher an den Präferenzen der Bürger, die Politik sei stabiler und ausgewogener, Probleme der Bevölkerung kämen auf die Agenda, Konflikte würden friedlicher gelöst, der Legitimitätsglaube sei stark. Kurzum: die Bevölkerung stehe hinter der Politik, weil sie bestimme, wo es lang geht, und nicht einige wenige Politiker. Da die Bürger direkt Einfluss nähmen, seien sie informierter und bildeten dichtere soziale Netzwerke.

Publikum beim Vortrag von Prof. HeussnerDie anschließende lebhafte Dis­kussion der über 50 Anwesenden mit dem Referenten drehte sich um die bekannten Stichpunkte: Sachkenntnis, Ober-/Unter­schichtsverhalten, unpopuläre Entscheidungen, Wahlbeteiligung u.ä. Fragen bezüglich der aktuellen Wieslocher Themen Bahnhofsparkhaus und Fach­marktzentrum konnte Prof. Heußner mangels Detailkenntnis zwar nicht konkret beantworten, allerdings gab er auch den Wieslochern sein Fazit mit auf den Weg: „Wenn die Bevölkerung überzeugt ist, dann geht’s. Die besseren Argumente setzen sich durch.“ Aber die Bürger müssen immer frühzeitig in politische Entscheidungen eingebunden werden.

Hermann K. Heußner war Verwaltungsrichter und ist jetzt Professor für Öffentliches Recht und Recht der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Osnabrück. Als Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Direkten Demokratie in Deutschland, den USA und der Schweiz hat er zusammen mit Otmar Jung 2009 das Grundlagenwerk „Mehr direkte Demokratie wagen“ in der 2. Auflage herausgegeben.

1 Kommentar zu „Direkte Demokratie und soziale Nachhaltigkeit“

  1. Alle von mir besuchten Veranstaltungen mit dem Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit haben mir gut gefallen. Die Auswahl der kompetenten Referenten war sehr gut. Gern werde ich auch die nächsten Veranstaltungen besuchen.

    Mit herzlichen Grüßen

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